Was ich immer gerne gemacht hätte…

Viele Menschen rasen durchs Leben, sind immer beschäftigt , und führen ein Leben auf der Überholspur. Ich finde das schön, denn ein Leben muss auch gelebt werden!

Wenn man die Geschichte etwas näher betrachtet, so sieht man oft, dass die Leute mit Arbeiten beschäftigt sind. Arbeit heisst im Berndeutschen „Schaffen“, und der Beruf kommt von „Berufung“, also ein Auftrag einer überirdischen Institution. Doch was Schaffen die Menschen so? Und wie viel schaffen sie?

Viele Menschen sind zu Sklaven ihrer Arbeit geworden. Sie leisten viele Überstunden, können nie abschalten, und ihr Beruf lastet wie ein Fluch auf ihnen. „Karoshi“ nennen die Japaner den plötzlichen Tod an Überarbeitung. Bei uns gibt es keinen Ausdruck dafür – gilt doch die grosse Arbeit als Kompliment, denn sie zeigt, wie fest man unersetzlich ist. Der Drang nach mehr Geld ist ungebrochen. Bis jeder eine Yacht und ein Ferienhaus hat. Nein, zwei Yachten und ein Ferienhaus mehr… es gibt keine Limite. Wir arbeiten also für ein Ziel, das wir gar nicht erreichen können? Komisch.

Wenn man Menschen auf dem Sterbebett nach ihren schönen Momenten im Leben fragt, dann kommen Familienereignisse, Spaziergänge, und Momente mit Freunden. Fast nie wird die Arbeit genannt („Da hatte ich so einen richtigen Arbeitstag von 16 Stunden…).

Dennoch erstaunt einen, wie doch die Arbeit die Leute absorbieren kann, und sie am Glück vorbeiführt. Wer in „seinem“ Beruf arbeitet, also in einem Beruf der ihm Spass macht, und etwas sinnvolles „schafft“, der kann die Arbeit in seinem Leben so integrieren, dass er nicht ausbrennt. Gute Befehlsempfänger und Machtmenschen neigen dazu, viel mehr zu tun, als sie langfristig machen können. Entweder sie erleiden ein „Karoshi“, sie brennen aus, oder eben, sie Leben ein Leben ohne die wahren Glücksmomente.

Wenn die Zeit das wertvollste Gut auf Erden ist, so ist die Zeitverschwendung die grösste Sünde.

Um das Hamsterrad zu unterbrechen, muss man zuerst eine Pause machen, und sich fragen, ob das was man tut, sinnvoll ist. In einem nächsten Schritt soll man atmen, und sich selbst etwas Gutes tun. Und dann die wichtigen von den unwichtigen Tätigkeiten unterscheiden, und sich selbst wieder mehr der Familie, den Freunden und den Hobbies zuwenden. Und dann: „Metron ariston“ – alles im richtigen Mass. Vielleicht ein neues Instrument lernen, oder ein Buch lesen, das man schon lange wollte? Man sollte sofort damit beginnen.

Tue es jetzt – denn es ist später, als Du denkst!

Γνῶθι σεαυτόν (Gnōthi seautón) „Erkenne dich selbst!“

Diese Worte sollen am Eingang über dem Apollotempel von Delphi gestanden haben. Erkenne Dich selbst – drei Worte, die es in sich haben!

Wenn Du in einen Spiegel siehst, dann erkennst Du Dich selbst. Nicht ganz, Du erkennst eine Seite an Dir. Wenn Du mehrere Spiegel hast, erkennst Du noch mehr von Dir. Doch eben, Du erkennst das Äussere. Dank Röntgen kannst Du auch Dein Inneres erkennen. Doch Du siehst vor allem Strukturen, Licht und Schatten auf einem Bild.

Mit „Γνῶθι σεαυτόν“ ist jedoch vielleicht etwas anderes gemeint, nämlich dass Du Dich selbst erkennst, wie Du bist. Es ist die Aufforderung, sich über die Differenz zwischen „wer bin ich“ und „wer glaube ich zu sein“ Gedanken zu machen. Die Erkenntnis der „Innenwelt“ dient zur Problemlösung in der „Aussenwelt“.

Obwohl wir es nicht glauben, haben wir alle eine ziemlich verzerrte Wahrnehmung von unserer Umgebung – und auch von uns selbst. Wer würde sich selber als Lügner, Egoist oder schlechter Mensch bezeichnen? Wohl niemand – denn dafür sorgt ein interessanter Grundmechanismus: Man misst die Anderen immer an sich selber. Oder noch besser: Man misst die anderen an den eigenen Idealen oder an der eigenen Wunschvorstellung. Und so agiert man unüberlegt und Kämpft wie Don Quijote gegen die Windmühlen. Viel Aufwand – wenig Ertrag.

„Gnothi seauton“ fordert uns auf, uns ein Bild über uns selber zu machen. Wir sollen die Wolke verlassen, und uns selber betrachten; und damit auch die Welt besser verstehen und die richtigen Handlungen vorzunehmen. Und alles ins richtige Licht, ins richtige Verhältnis zu rücken. Es lebt sich wunderbar mit der Erkenntnis, dass wir alle mehr oder weniger verzerrte Bilder haben! Denn es macht uns stark, an den richtigen Punkten zu arbeiten.

Wenn wir uns selber „richtig“ erkennen, dann können wir in einem zweiten Schritt Hammer und Meissel in die Hand nehmen, und an uns selber arbeiten. Ohne die Erkenntnis von uns selber bauen wir auf Sand – und es bleibt zufällig, ob wir etwas erreichen. Erst ein starkes, breites und tiefes Fundament ermöglicht uns den Aufbau von etwas wunderbaren. Es lohnt sich, Zeit dafür zu investieren – denn sonst bleiben wir auf dem Holzweg.

„Γνῶθι σεαυτόν“

 

The only way to do great work is to love what you do!

Dieser bemerkenswerte Satz stamm von Steve Jobs.

Es ist faszinierend zu sehen, wie viele Menschen sich ihrer Arbeit – oder noch besser ihrem Schaffen verschrieben haben, in dem sie diesen Satz als Leitmotiv nehmen. Man kann sie überall antreffen: an der Kasse, beim Uhrmacher, im Restaurant oder beim Coiffeur. Es muss nicht der Chef sein – auch ein Kellner, der seinen Job liebt, unterscheidet sich automatisch.

Vielmals sieht man leider auch Menschen, die ohne Enthusiasmus und Motivation einer Arbeit nachgehen und so irgendwo in der Mittelmässigkeit verschwinden. Es sieht eher nach „Abarbeiten“ aus – und auch das ist unabhängig von der Hierarchie.

Wenn Zeit das wertvollste Gut auf Erden sein soll, dann ist Zeitverschwendung die grösste Dummheit. Überlasse die Mittelmässigkeit andern, und versuche mit Deiner ganzen Liebe am Werk zu sein, denn der einzige Weg, grosses zu vollbringen, ist es mit der ganzen Liebe, Passion und von ganzem Herzen zu tun.

Lass uns ein Spiel spielen…

Das Leben ist für mich ein „Spiel“, wo wir jederzeit eine unendliche Anzahl von Möglichkeiten haben. Wir wählen in der Regel diese, die wir kennen und geplant haben. Unsere Aufgabe sehe ich darin, den anderen Menschen zu helfen und möglichst für die Menschen da zu sein. Denn was ist schon eine „Karriere“ im Leben? Man opfert seine Zeit – das wertvollste, das ein Mensch in seinem Leben hat – um Ruhm und Macht zu erlangen. Um befehlen zu können, um etwas darstellen zu können. Um das schönste Büro, den schnellsten Schlitten, den teuersten Anzug, die meisten Partnerinnen zu haben. Und plötzlich bläst dir jemand das Licht aus – was bleibt davon? Herzlich wenig.

Die Werte, die man in seinem Leben hat, sollte man zwischendurch überprüfen – so wie man jedes Jahr zum Zahnarzt geht. Finden wir „Löcher“, so müssen wir diese füllen. Das tut weh, macht man es jedoch nicht, wird es später noch mehr weh tun. Oft ist es wie Karies – wenn man nichts tut, wird der Schaden immer grösser. Wir sollten unsere Werte überprüfen und uns sagen, wie viel Zeit wir für ein Ziel opfern wollen, und ob es überhaupt sinnvoll ist.

Mathias Biswangers „Über die Tretmühlen des Glücks“ finde ich grossartig, und es beschäftigt sich genau mit dieser Thematik.

Was ist nun die richtige „Taktik“ durchs Leben? Es gibt keine! Mal ist es „abwarten und Tee trinken“, mal „was Du heute kannst besorgen…“, mal „schmiede das Eisen, solange es heiss ist“, mal „Geduld bringt Rosen“. So viele Sprichworte – alle wahr. Und doch, keines hilft wirklich – alles ist wieder simplifiziert und suggeriert uns, dass es eine richtige Taktik durchs Leben gibt, wir diese einfach noch nicht gefunden haben.

Hier hilft nur fernöstliche Philosophie:

Es gibt Menschen, die suchen ihr ganzes Leben nach ihrem Glück – am Schluss sterben sie und merken, dass sie ihr ganzes Leben nur mit Suchen verbracht haben. Sie haben einfach vergessen zu Leben!

Das Glück kann man nicht finden – denn es schlummert in Dir!