Siegen durch Nachgeben

Das Prinzip vom „Siegen durch Nachgeben“ ist eines der Judoprinzipien schlechthin. Neben dem „Kein Fortschritt ohne Partner“ steht es fast über allem. Doch was ist der tiefere Sinn dahinter, was ist damit gemeint?

Ein Aspekt ist, dass wir den Gegner ins Leere laufen lassen, und so unseren Sieg mit seiner eigenen Kraft bewirken. Er stösst, wir ziehen, er fällt – et voila!

Was aber, wenn hinter dem Prinzip noch etwas weiteres steht? Der Mensch hat zwei unterschiedliche Denkhorizonte: „Jetzt gleich“ und „später“. Man sieht immer wieder im Alltag, dass die Leute kurzfristig genau das Gegenteil tun, als was sie langfristig machen möchten. Darum gibt es Alkoholiker, Raser usw. Würden diese nach der langfristigen Logik handeln, so gäbe es sie nicht.

Wenn wir also vor einem Kampf stehen, dann müssen wir uns überlegen, ob wir diesen überhaupt aufnehmen möchten – oder es langfristig besser ist, ihn anders zu lösen. Siegen durch Nachgeben bedeutet, sich zu fragen, ob man überhaupt kämpfen muss! Das tönt zwar feige, ist aber äusserst intelligent.

Wenn ich in einen (physischen) Kampf einsteige, dann gehe ich das Risiko ein, sofort zu verlieren. Wenn ich gewinne, dann hinterlasse ich einen Verlierer. Dieser kann – von Wut und Rachegelüsten geplagt – zu einem späteren Zeitpunkt wieder angreifen, wenn ich die Deckung nicht oben habe. Also hinterlasse ich mit jedem Sieg ein latentes Risiko einer Rache, was nicht gut ist.

So bedeutet Siegen durch Nachgeben, dass ich locker und smart überlege, welchen Kampf ich wirklich aufnehmen muss, und welchen ich getrost „verlieren“, oder besser „vermeiden“ kann. Vielleicht komme ich einmal soweit, dass Siegen und Verlieren keine Bedeutung mehr hat, und ich das Leben so nehmen kann, wie es kommt. Das würde man wohl Erleuchtung nennen. Noch bin ich nicht soweit, denn die „niederen“ Instinkte provozieren noch zu oft zu Kämpfen. Bleiben wir dran!

Wer wagt, gewinnt!

Viele Menschen sind gefangen in ihrer Vergangenheit. Sie gehen Wege, die sie immer gegangen sind. Nicht, weil sie sich bewährt haben, nein, sondern nur weil sie sie immer begangen haben. Das schwierigste, was man verändern kann, ist sein eigener Charakter. Warum? Unser Verhalten ist eine Folge von verschiedenen Faktoren. Vereinfacht gesagt:

Gedanken werden zu Worten
Worte werden zu Taten
Taten werden zu Gewohnheiten
Gewohnheiten werden zum Charakter

Wenn man dann alles wegkürzt dann bleibt: Gedanken werden zum Charakter.

Es gibt zwei Denkmodi (Kahnemann). Das System 1 ist ein Denksystem, das immer läuft. Es ist schnell, läuft immer mit, ist harmoniebedürftig und leider fehleranfällig. Vielleicht kann man das mit dem Wort „Bauch“ am besten umschreiben. Das System 2 ist langsam, kritisch, präzise, anstrengend und läuft nur dann, wenn wir das wollen. Vielleicht kann man dieses mit dem „Kopf“ umschreiben.

Viele Menschen verharren permanent im System 1 und wagen sich nicht, das System 2 einzuschalten. So begehen sie eben die schlechten Wege, die das System 1 kennt, und machen sie harmonisch – obwohl sie es nicht sind.

System 2 ist mühsam. Ich muss mich „hinsetzen“, mir überlegen, was ich bin und was ich kann, und dann daraus etwas machen. Es geht darum, neue Wege zu beschreiten, Fehler zu machen, den Kopf anzuschlagen und an einem anderen Ort zu landen, als wo man gestartet ist. Man muss es nur wagen!

So ist das „Wer wagt, gewinnt“ ein Plädoyer für das Einschalten des Systems 2, wo wir nachhaltig besser und zufriedener werden. Wenn wir bessere Wege gehen, dann wird System 1 noch mehr Befriedigung erhalten; wenn beide Systeme zufrieden sind, dann sprechen wir vielleicht von Glücksgefühl. Ein interessanter Ansatz?

Wichtig ist, dass wir eine gute Mischung aus System 1 und 2 hinbringen, damit nichts überbordet. So nach dem Ying-Yang-System.

Vielleicht ist ein Ansatz ergänzender interessant: Was befindet sich zwischen Kopf und Bauch? Das Herz. Wenn wir ein Herz für andere haben, Herzblut in ein Projekt investieren und – Hand aufs Herz – uns auch uns selber widmen können, dann haben wir vielleicht einen Schatz entdeckt: Den der Selbstzufriedenheit!