Wahre Meisterschaft

Wahre Meisterschaft beginnt mit der Art und Weise wie wir denken. Wenn wir positiv denken, ein gutes, nicht aufgesetztes Selbstbewusstsein haben, erfüllen wir den Raum mit positiver Energie. So sind Menschen gerne um uns herum, denn wir nehmen die Menschen an, wie sie sind, und lieben sie genau so, wie sie sind – und nicht wie sie sein müssten.

Wir Menschen haben, nach Kahnemann, zwei Denksysteme. Das System 1 läuft immer, es ist schnell und gibt uns für viele Situationen die richtigen Antworten. Es ist aber sehr anfällig für Fehler, Lügen, Propaganda und falsche Annahmen. Das System 2, das „Denken“, ist anstrengend und langsam. Wenn wir etwas lernen oder rechnen müssen, so kostet es viel Energie; das ist in System 2 einfach so. Beispiel: Was gibt 2 + 2? Es gibt 4, das Denksystem 1 hat es in Millisekunden ausgespuckt. Wir musste nicht „rechnen“. Was gibt 145 * 169? Das Denksystem 1 sagt: es gibt „viel“, das Denksystem 2 sagt irgendwann 24’505. System 2 ist also energieintensiv, langsam und man wird eher kritisch, wenn man es braucht. System 1 gibt Harmonie.

Und doch ist das System 1 sehr anfällig für Fehler. Folgender Aufgabe ist zu lösen: Wir haben einen Tennisschläger und einen Ball. Wir wissen, dass beide zusammen 1.10 kosten, und dass der Schläger genau 1 mehr kostet als der Ball. Wie teuer ist der Ball? Die Antwort, die das System 1 sofort liefert ist: 0.10. Rechnen wir also zusammen. Der Ball kostet 0.10, der Ball 1 mehr, also 1.10. Rechnen wir beides zusammen, kommen wir auf 1.20. Falsch! Der Ball muss 0.05 kosten, denn dann kostet der Schläger 1.05, mit dem Ball zusammen kommen wir also auf 1.10.

Die Aufgabe ist nicht schwierig, und doch ist sie der Beweis, dass uns das System 1 in die Irre führt. Erst wenn wir das System 2 „anlassen“, kommen wir auf den richtigen Punkt! Und noch nach Jahren spuckt mein System einfach 0.10 aus… es nervt mich, weil ich es doch wüsste. Doch hier ist die einfache Lösung: Wir können das System 1 nicht „korrigieren“, es reicht einfach zu wissen, dass es (sehr) fehleranfällig ist!

Schätzen Sie: Was gibt 1*2*3*4*5*6*7*8? Die meisten von uns haben des Gefühl, es wären so gegen die 200.
Schätzen Sie: Was gibt 8*7*6*5*4*3*2*1? Die meisten von uns haben das Gefühl, es wären so etwa 1’000. Richtig wäre in beiden Fällen 40’320!

Wie gross ist die Wahrscheinlichkeit dass bei 30 Leuten in einem Raum zwei Menschen am gleichen Tag Geburtstag feiern? 365 Tage hat das Jahr, die 30 können wir doch gut verteilen, oder? Die Wahrscheinlichkeit ist über 70%. Genau das nennen wir „Geburtstagsparadoxon“. Also wieder führt uns das System 1 in die Irre; Paradoxon nennen wir es, weil es uns intuitiv nicht weiter hilft. System 1 versucht aus ähnlichen Fragestellungen etwas abzuleiten, was aber oft danebengeht.

Wenn wir also Wissen erarbeiten wollen, und eine Meisterschaft erreichen möchten, dann müssen wir möglichst oft das Denksystem 1 hinterfragen, indem wir das System 2 „anlassen“ und – oft mühsam – die Dinge überprüfen, die uns vorgelegt werden.

Propaganda und Werbung zielen auf das System 1: Propaganda gibt uns die richtigen Feindbilder, Werbung führt zu Konsum. Wenn wir alle nicht manipulierbar wären, würde kein Konzern der Welt hunderte von Millionen für Werbung ausgeben! Wenn wir also das System 2 anlassen, dann erkennen wir zuerst einen Dickicht mit vielen Tatsachen, Widersprüchen, Lücken, Fallen usw. und trotzdem: Wir dürfen uns nicht blenden und abspeisen lassen! Ein Meister kann viele Dinge aufdecken und kann Gefühle von Tatsachen unterscheiden. So wird er weniger manipulierbar und lebt auch viel glücklicher, mit dem Wissen, nicht zu wissen und mit der Gewissheit, dass er in der Werbung angepriesenes nicht braucht.

So entsteht ein weiteres Paradoxon: Obwohl uns das Denksystem 2 anstrengt und kritisch macht, lohnt es sich, es zu gebrauchen. Denn es befreit uns, wenn wir erkennen, was wirklich ist und es befreit uns vor all den Stricken, die uns um den Hals gelegt werden, wenn wir nicht aufmerksam sind. Wahre Meister sind im Denken und Handeln unabhängig. Sie versuchen das Richtige zu tun. Sie können die Flughöhe wechseln, Argumentationsketten zu erstellen. Sie erstellen Thesen, Antithesen und Synthesen. Sie erkennen Motive, Interessen und Ängste. Sie erarbeiten das Wissen systematisch, bleiben aber wissbegierig und offen wie ein Kind. Sie legen die Vorurteile ab und schauen, was die Roh-Daten der Wirklichkeit bringen. Das bringt Klarheit – und etwas mehr Wahrheit, als wenn wir all das konsumieren, was uns einfach vorgesetzt wird.

Werden Sie zu einem „spectateur attentif“, einem aufmerksamen und kritischen Zuschauer der Welt, und machen Sie sich ein eigenes Bild der Dinge! Wahre Meisterschaft besteht nicht aus Wissens-Hülsen und dem Wiedergeben von vorgekautem, sondern auf guten Gedankengängen und Erfahrungen. Bleiben Sie aufmerkasam!

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