Wie man im Leben weiterkommt

Wenn man in die sozialen Medien schaut, dann sehen wir Ergebnisse. Jemand hat es geschafft, abzunehmen. Ein anderer hat seinen Traumjob erhalten. Der dritte hat eine Medaille im Sport gewonnen. Wir schauen das an, konsumieren es, und werden dann unglücklich und zerstreut. Auf der Jagd nach Neuigkeiten schauen wir immer wieder, und man erhält immer mehr davon. Unserem Gehirn fällt es sehr schwer, einen richtigen Link zu machen: Einerseits sind die meisten dieser Geschichten für uns völlig irrelevant, und andrerseits entstehen Erfolge durch gute Einstellung und gute Gewohnheiten. Gehen wir tiefer darauf ein.

Der Vergleich ist des Glückes Tod

Grundsätzlich ist nichts dagegen einzuwenden, wenn wir uns mit anderen Menschen vergleichen und dabei das „Gute“ für uns herausnehmen. In unserer Kindheit haben wir oft mit unseren Spiegelneuronen das Verhalten und das Problemlöse-System unserer Eltern imitiert und integriert, und wir gleichen immer wieder ab, ob wir es nun auch „im Griff“ haben. Jedoch ist das eigentlich eine Kindernummer, die wir mit zunehmender Reife ablegen sollten, denn das Ganze hat einen Hacken: Wir haben nur uns zur Verfügung! Das heisst, wir sind mit einem bestimmten „Setup“ unterwegs: Gross, klein, dick, dünn, beweglich, unbeweglich, kräftig, filigran, usw. und auch im Geist haben wir ein – von aussen nicht sichtbares – Setup: Spontan, kontrolliert, extrovertiert, introvertiert, integer, intrigant, usw. Wir haben also ein körperliches und geistiges „Skill-Set“, und sind damit unterwegs. Mit „Gnothi seuton“, erkenne Dich selbst, können wir die erste Stufe dieser Reife erreichen: Durch das bewusste kennenlernen und reflektieren von sich selbst, können wir unser wahres Wesen entdecken. Dabei müssen wir uns nicht vergleichen – sondern wir versuchen uns zu ergründen, ohne dass man dies verurteilt oder bewertet. Dazu müssen wir noch einen Schritt zurückgehen, und mit uns selber „OK“ sein. Ich meine damit nicht Selbstverliebtheit im Sinne von Narzissmus, sondern eine Selbstliebe im Sinne von einer Liebe zum eigenen Wesen, das so ist wie es ist: Fehlerhaft, unvollständig und mit vielen Überraschungen. Und dann können wir in die Arbeit übergehen: Wohin wollen wir gehen, was wollen wir erreichen, was macht mit diesem Skillset überhaupt Sinn? Der Vergleich ist hier des Glückes Tod: Wenn wir uns mit anderen Leistungen und Ergebnissen vergleichen, dann blenden wir aus, dass vielleicht gerade das Skillset des Andern genau dieses Ergebnis gebracht hat – und man es selber nicht kann, weil man das Werkzeug nicht im Werkzeugkasten hat. Und Ergebnisse anderer betrachten hilft uns nicht weiter, sondern erfüllt uns mit Leere.

Gewohnheiten ändern

Wenn man sich dann analysiert hat, dann sollte man sich die eigenen Gewohnheiten zu Gemüte führen. Möchte jemand reich werden, so muss er eine Gewohnheit ändern; nämlich die Art und Weise, wie er zu Geld steht und wie er damit umgeht. Möchte jemand Gewicht verlieren, dann muss er seine Ernährung, seine Bewegung und seinen Schlaf ändern. Das Schwierige bei den Gewohnheiten ist, dass man sie nicht so schnell los wird. Mark Twain hat hier einen etwas simplen, und doch sehr guten Gedanken ausgeführt: „Eine Angewohnheit kann man nicht aus dem Fenster werfen. Man muss sie die Treppe hinunterprügeln, Stufe für Stufe.“  Und genau hier muss man ansetzen. Doch gehen wir auch hier einen Schritt zurück: Wenn man ein Ziel hat wie „Gewicht abnehmen“, dann kann man es wohl erreichen. Und dann? Gleiches Problem beim Ziel „Ich möchte eine Million auf dem Konto haben“. Was ist dann? Wir müssen hier weise werden und keine Ziele setzen, denn der Weg ist das Ziel. So könnte ein Ziel heissen: Ich möchte mich wohl fühlen und gesund bleiben, anstelle eines kg-Ziels. Oder man sagt: Ich möchte mehr einnehmen als ich ausgebe und möchte beide Seiten ständig bewusst optimieren. Wenn sich die Menschen Ziele gesetzt haben, versuchen sie diese mit der Brechstange zu erreichen. Und werden dabei verbissen. Und scheitern. Der innere Schweinehund gewinnt und sie sind wieder zurück auf Feld eins. Und noch etwas mehr deprimiert als vorher. Doch wie könnte man das anstellen?

Liebe Dich selbst und habe Geduld

Die erste Stufe ist, einen tiefen Atemzug zu nehmen und mit sich selber in Kontakt zu treten. Man kann kein Gewicht in 2 Wochen abnehmen, das man über 2 Jahre angefuttert hat – und wenn ja sicher nicht nachhaltig. Man kann nicht reich werden, wenn man noch viele Kredite hat, die man bedienen muss. Darum darf man nicht brutal und hart sein zu sich selber – denn man hat ja nur sich selber – sondern ehrlich, liebevoll und in einem coachingmässigen Dialog sein. Und dann braucht es Zeit und Geduld.

Der Zinseszinseffekt – die 1%-Regel

„Wir kreieren erst unsere Gewohnheiten und dann kreieren unsere Gewohnheiten uns.“ (John Dryden). Dieser Zirkelbezug ist nur sehr schwer zu durchbrechen, und da Gewohnheiten sehr hartnäckig sind, müssen wir zu einer Art List greifen: Die 1%-Regel. Aus der Behaviour Finance wissen wir, dass Menschen mit dem Zinseszinseffekt nur sehr schlecht umgehen können; es liegt uns Menschen einfach nicht. Addition und Subtraktion haben wir hier besser im Griff. Wenn wir also eine Gewohnheit haben, und sie täglich nur 1% verändern würden. Wie würde es sich ändern? Der Effekt ist gewaltig: Wenn wir Kapital zu 1% anlegen würden, und es jeden Tag verzinsen würden, dann entstünden aus CHF 100 innerhalb eines Jahres CHF 3’778.34, also eine Rendite von 3’778.34%! Daraus können wir schliessen, dass die Stetigkeit fast wichtiger als die Höhe des Zinses ist. Wenn wir also 1% mehr schlafen, 1% gesünder essen, 1% mehr bewegen, 1% mehr lesen, 1% mehr Liebe schenken, dann passiert mit der Zeit gewaltiges und die Rendite in Form von Glück wird phantastisch sein!

Ein Selbstversuch – der Waldlauf

Ich habe diese 1%-Regel selber versucht und habe eine Jogging-Route von ca. 3.5km mit ca. 100 Höhenmetern vor meinem Haus ausgewählt. Nun laufe ich die gleiche Runde seit ca. 1 Jahr und konnte die Zeit dafür von ca. 32min auf ca. 26min senken. Es gelingt mir nicht jeden Tag gleich gut und es gibt auch grosse Schwankungen wegen Tagesform, Wetter, Tageszeit usw. und dennoch: wenn man die 1%-Regel im Griff hat, dann kommt die Zeit in die richtige Richtung. Das Ziel ist, jedes Mal ca. 20sek schneller zu sein. Man darf keine Brechstange nehmen und sich keiner Illusion hingeben: Man kann nicht innerhalb einer Woche von der Couch Potato zu Moses Kiptanui mutieren. Ich werde, wegen meines Alters und meinem Körperbauch auch ganz sicher nie in die Nähe von Moses kommen. Aber das will ich auch nicht, denn ich will meine Ressourcen nicht nur mit Sport füllen. Ich will mich einfach wohlfühlen, abschalten, und ein gutes Lebensgefühl haben und eine Grundkondition haben, die mir erlaubt, Judo, Jiu-Jitsu und Segeln so zu betreiben, ohne zu schnell aus der Puste zu kommen. Die Nerds unter uns mögen bemerkt haben, dass ja mit der Zinseszinsregel die Laufzeit mit der Zeit gegen 0 tendiern wird. Keine Angst: Es geht mir hier eher nur um den gigantischen Effekt von kleinen Schritten!

Andere Effekte – Schafft Routinen!

Man kann auch in allen anderen Lebensbereichen mit der 1%-Regel weiterkommen: 1% mehr Achtsamkeit täglich (und man erspart sich viel Ärger, Stress und Frust). 1% früher ins Bett gehen – und man schläft mit der Zeit mehr und ausgewogen und kommt früher aus dem Bett. 1% weniger über andere sprechen (vor allem negativ), und man kommt ins kreative und glückliche Handeln. 1% mehr Nächstenliebe, und man erhält viele Lächeln geschenkt. Die Liste kann endlos verlängert werden. Wenn man immer nur ein wenig mehr oder weniger macht, und 1% ist über die Zeit problemlos „händelbar“, so steigt die Wahrscheinlichkeit auch exponentiell, dass diese Gewohnheit bleibt und man täglich zu einer besseren Version von sich selbst wird – eine Weg, zu dem ich jeden Menschen einlade!

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